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Hier findest du Einführungsmaterial zum literarischen Schreiben mit KI. Die Artikel geben einen theoretischen Überblick über verschiedene Themenfelder und führen an Fragestellungen und Kontexte heran.

Aktueller Einsatz von KI in literarischer Übersetzung

Was bei der Übersetzung von nicht-literarischen Textformen (bspw. Technik, Wirtschaft) bereits häufig angewandt wurde [1], wird inzwischen immer mehr auch in den literarischen Bereich übertragen: Menschliche Nachbearbeitung von maschinell erstellten Übersetzungen. In der Welt der Humanübersetzung beauftragen Verlage schon lange professionelle Literaturübersetzer:innen mit der Produktion von „wörtlichen” Versionen literarischer Werke, damit bekannte Schriftsteller:innen, denen das Verständnis der Fremdsprache fehlt, diese in publizierbare Neuversionen aufarbeiten können. Ein Beispiel dafür ist die englische Penguin-Ausgabe von Henrik Ibsens Stücken „Brand” und „Peer Gynt”[2]: Eine wörtliche Übersetzung ins Englische von Inga-Stina Ewbank und Janet Garton wurde vom britischen Dichter und Poesie-Professor Geoffrey Hill überarbeitet und für die Publikation mit seinem eigenen Stil versehen [3]. Dieses Vorgehen soll nun vermehrt eingesetzt werden mit Übersetzungs-KI statt Menschen als wörtlichen Übersetzer:innen.Ein weiterer Einsatzbereich von KI betrifft Übersetzungsvorschläge: Mithilfe von sog. CAT(=computer-aided-translation)-Tools können beim Tippen Übersetzungsvorschläge in Echtzeit angezeigt werden. Sie funktionieren ähnlich wie Auto-Complete bei einer Handytastatur: CAT-Tools wurden entwickelt, damit Übersetzer:innen niemals den gleichen Satz zweimal übersetzen müssen, wenn er mehrmals im Text vorkommt. Während die Übersetzer:in das Dokument bearbeitet, speichert das Programm automatisch alles, was schon übersetzt wurde (TM = Translation Memory); taucht ein schon übersetzter Satz wieder auf, erkennt ihn das Programm und bietet jene Übersetzung an, die schon existiert. Dieses Verfahren kann  Zeit und Aufwand sparen und dabei helfen, die Einheitlichkeit der Übersetzung zu wahren [4].

Inzwischen werden bei KI-CAT-Tools nicht nur Daten aus dem Dokument selbst gespeichert, sondern es kann auf eine Bandbreite von Quellen zugegriffen werden. Dabei wird auch der Kontext jedes Satzes anhand der ihn umgebenden Sätze abgesucht. Auf diesen Quellen basierend können KI-CAT-Tools Vorschläge zu ähnlichen bereits übersetzten Sätzen machen. Das hilft beim Umgang mit Zweideutigkeiten, die noch immer eines der größten Probleme von Übersetzungs-KI sind. Mit jedem Buchstaben, der getippt wird, werden die Vorschläge neu berechnet und die Nutzer:innen können diese annehmen oder durch Weitertippen ablehnen. Dadurch überarbeitet das System die Vorschläge kontinuierlich [5].

Literarische Übersetzer:innen geben außerdem an, besonders komplizierte Sätze in NMT-Übersetzungstools (https://ai-labkit.de/lernen/?post=wie-funktioniert-%C3%9Cbersetzung-mit-ki) einzugeben, um zu überprüfen, ob sie die Grammatik verstanden haben, oder um eine zweite Meinung einzuholen, wenn etwas nicht funktioniert [6].

Einzelnachweise

1 Roy Youdale: Computer-Aided Literary Translation: An Opportunity, Not a Threat, In Other Words, 53 (2019). S. 45–51.

2 Henrik Ibsen: Peer Gynt and Brand, trans. Geoffrey Hill. London: Penguin 2017.

3 Vgl. Emily Merriman:.  Reading Hill’s Versions of Ibsen’s Brand and Peer Gynt as a Psychological Diptych,  Études anglaises, vol. 71, no. 2 (2018). https://www.cairn.info/revue-etudes-anglaises-2018-2-page-234.htm?ref=doi (30.05.2024)

4 Andrew Rothwell, Roy Youdale: Computer-Assisted Translation (CAT) tools, translation memory and literary translation’. In: Deane-Cox, S. and Spiessens, A. (Hg.): The Routledge Handbook of Translation and Memory. London & New York: Routledge 2022.

5 Riccardo Schiaffino:  CAT tools and translation style. In: About Translation (2016). https://www.aboutranslation.com/2016/04/cat-tools-and-translation-style.html (06.05.2024)6 Ruth Martin: (Mensch) gegen Maschine: Reflektionen von einem KI-Übersetzung-Slam. In: Goethe-Institut Vereinigtes Königreich (2023). https://www.goethe.de/ins/gb/de/kul/lue/ail/25230230.html (06.05.2024)

AutorinText:
Ariane Siebel

Lektorat:
Jenifer Becker

Zitation
Ariane Siebel: Aktueller Einsatz von KI in literarischer Übersetzung. In: AI-Labkit. 2024. https://ai-labkit.de/lernen/?post=aktueller-einsatz-von-ki-in-literarischer-%C3%9Cbersetzung

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