Ohne Figuren keine Handlung, ohne Handlung keine Figuren: Figuren und Handlung sind eng miteinander verwobene Elemente einer Geschichte und als ein Kontinuum der erzählten Welt zu begreifen. Als Teil der Geschichte wird neben den Parametern “Figuren” und “Handlung” darüber hinaus das “Setting” (Schauplatz) begriffen. Die Literaturwissenschaftlerin Monika Fludernik schreibt: “Charaktere und Setting figurieren im Erzähltext meist als Beschreibungspassagen. Erst durch Handlungsabfolgen – durch die Handlungen der Figuren – entsteht die zeitliche Grundkonstellation.” [1] Eine Handlung entsteht entsprechend durch handelnde Figuren, die sich in einem Setting aufhalten. Figuren können hierbei divers verstanden werden, es müssen keine Menschen sein, sondern in der Erzähltheorie wird von anthropomorphen (vermenschlichten) Figuren gesprochen, die in verschiedenen Gestalten auftreten können.
Auch wenn die drei Elemente eng miteinander verwoben sind, betrachten wir diese im Folgenden getrennt: In dieser Übung geht es darum, gemeinsam mit einem großen Sprachmodell, eine Handlungsstruktur, Figuren und ein Setting für eine Erzählung zu entwickeln.
Übung 1: Handlung
Eine Handlung besteht aus kausal miteinander verknüpften Ereignissen. Unter Ereignissen wird in der Erzähltheorie wiederum eine „im Kontext auffällige (markierte) Zustandsveränderung“ [2] verstanden. Für gängige, immer wieder auftretende Handlungsmuster wird auch der Begriff „Handlungsschema“ eingesetzt, hierbei handelt es sich beispielsweise um wiederkehrende Plots, wie der „Romance-Plot“ oder Geschichten, die den Aufstieg von vermeintlichen Außenseitern erzählen (vgl. Ronald B. Tobias). Weiter abstrahiert erscheinen bestimmte Handlungsstrukturen als Universalschemata (europäischer) Literaturen, wie beispielsweise die 3- oder 5-Akt-Struktur. Eine Erzählstruktur, die aus dem Regeldrama stammt und eine Geschichte anhand relevanter erzählerischer Eckpunkte (auslösendes Moment, Höhepunkt, Wendepunkt, etc.) konzeptualisiert. In der Drehbuchtheorie wird auch von PlotPoints gesprochen, es handelt sich, wie bei Wendepunkten o.ä., um dramaturgische Organisationseinheiten, die sich anhand (für die Geschichte) einschlägiger Ereignisse festmachen lassen.In der Übung entwickelst du eine Handlungsstruktur für eine Erzählung. Entweder du entwickelst die Handlungsstruktur von Grund auf mit dem Sprachmodell oder du lässt eine Idee in ein Handlungstreatment (Handlungsaufstellung) überführen.
Promptbeispiele:
Übung 2: Figuren
“Figur (lag. figura: Form, Gestalt) wird abgeleitet von fingere, was ‚vortäuschen‘ oder auch ‚erdichten‘ bedeutet. Im Englischen verwendet man für ‚Figur‘ den Begriff character, was dem deutschen Wort Charakter entspricht. Charakter kommt von gr. kharakter (Kennzeichen), das sich von kharássein (einritzen, prägen) ableitet. In der Zusammenschau sehen wir, dass sowohl ‚Fiktion‘ (fingieren) als auch ‚schreiben‘ (einritzen) in dem Begriff der Figur anklingen.” [3]
In der Schreibübung entwickelst du zusammen mit einem großen Sprachmodell Figuren. Du kannst zunächst im Dialog erörtern, welche Figuren du in deine Erzählung integrieren möchtest. Oder du hast bereits eine Figur vor Augen und möchtest ihre Biografie ausarbeiten lassen. Lasse anschließend weitere Figuren entwickeln, die nicht unmittelbar im Zentrum der Erzählung stehen, sondern als Randfiguren auftreten.
Promptbeispiele:
Übung 3: Setting
In der letzten Übung entwickelst du zusammen mit einem großen Sprachmodell ein Setting, verstehen lässt sich darunter, im weitesten Sinne, die Welt der Geschichte: „Ein fiktionaler Prosatext entwirft in der Regel eine eigene Welt, die sowohl statische Elemente wie dynamische Prozesse und ‚Ereignisse‘ umfasst. Diese fiktionale Welt hat zwar etliche Parallelen zu der Realität unserer Alltagswelt; es wäre aber falsch, sie einfach nach dem gleichen Muster verstehen und interpretieren zu wollen wie die empirische Alltagsrealität […].“ [4]. Die erzählte Welt – als ein großer Schauplatz – lässt sich wiederum in verschiedene Unter-Schauplätze kategorisieren, die in deinem Roman oder deiner Erzählung relevant sind und als unmittelbare Räume (Raum im weitesten Sinn) für deine Figuren auftreten.
Aufgabe: Entwickle zunächst das Setting für deinen Roman, gemeint ist hiermit die übergeordnete Welt, die gemeinsam mit einem großen Sprachmodell ausgearbeitet werden kann. Lege danach Settings für einzelne Szenen fest.
Promptbeispiele:
Einzelnachweise
1 Monika Fludernik: Einführung in die Erzähltheorie. Darmstadt: WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2006. S. 41.
2 Silke Lahn u. Jan Christoph Meister: Einführung in die Erzähltextanalyse.
3. Aufl. Stuttgart: J.B. Metzler 2016. S. 218. 3 Ebenda, S. 233.
4 Ebenda, S. 205.
Autor:innen
Text: Jenifer Becker
Lektorat: Jonas Galm, Ariane Siebel
Zitation: Jenifer Becker: Prosa: Handlung und Figuren. In: AI-Labkit (2024) https://ai-labkit.de/schreiben/?post=prosa-handlung-setting-und-figuren